Seit 13. Mai ist die Google Welt nicht mehr die die sie war – denn Google darf bzw. muss nun vergessen! Das „Recht auf Vergessen“ hat sich ein Mann vor dem EuGH erkämpft.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass Google Suchergebnisse aus seinem Index löschen muss, die die Persönlichkeitsrechte von Privatpersonen verletzen. Für viele Betroffene ist das Urteil sicherlich im ersten Moment ein Grund zur Freude, allerdings bei objektiver Betrachtung weicht die Freude über das Urteil schnell auf, und für den eigentlichen Kläger könnte sich das Urteil als bittere Enttäuschung erweisen.
Mehr als fünf Jahre hatte ein Mann sein Recht gegen Google vor dem höchsten Europäische Gericht erstritten. In der Sache ging es um die Löschung eines Zeitungsartikels der über die Haus-Zwangsversteigerung des Klägers im Jahr 1998 berichtete. Auch zehn Jahre nach der Veröffentlichung des Zeitungsberichts wurde dieser Bericht durch den Link im Suchergebnis bei Google noch immer gefunden. Der Mann sah hiermit seine Persönlichkeitsrechte verletzt und verklagte sowohl die Zeitung als auch das Unternehmen Google.
Nach über fünf Jahren Rechtsstreit hat der EuGH nun entschieden, dass Google Verweise mit persönlichkeitsverletzenden Inhalten unter bestimmten Bedingungen löschen muss.
Google-Mitarbeiter entscheiden über Löschung von Einträgen
Ein absolutes Novum. denn zum ersten Mal verpflichtet damit ein Gericht hiermit Google solche Einträge aus dem Index zu entfernen. Bisher hatte Google sich gerne darauf berufen, nur ein Abbild des Internets zu bieten und nicht selber für die Inhalte verantwortlich zu sein. Deshalb löschte Google nur bei besonders schwerwiegenden Rechtsverstößen oder nach langen Gerichtsverfahren Einträge aus dem eigenen Index.
Mittlerweile stellt Google ein Online-Formular zur Verfügung, dass jedem die Meldung von persönlichkeitsverletzenden Inhalten ermöglicht. Ob diese aus dem Index entfernt werden, entscheiden aber auch weiterhin ein Mitarbeiter des Suchmaschinenkonzerns. Wer mit der Entscheidung nicht zufrieden ist, dem steht natürlich wie bisher der Klageweg offen.
Sieg und Niederlage liegen oft dicht beisammen
Im Gegensatz zu der Klage gegen Google wurde die Klage gegen die Zeitung die diesen Bericht online gestellt hatte, abgewiesen. Der Zeitungsartikel ist somit auch in Zukunft im Online-Archiv der Zeitung abrufbar, denn das Recht auf freie Berichterstattung wurde auch vom EuGH wichtiger eingestuft als der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Klägers. Das Urteil richtet sich ausnahmslos gegen Google für die Verlinkung der Nachricht im Suchmaschinenenindex – nicht aber gegen die Urheber.
Für den Spanier dürfte das EuGH-Urteil gegen Google bereits kurz nach Veröffentlichung wie ein Bumerang gewesen sein da zwar Google sein Suchergebnis löschen muss aber nun alle Nachrichtenagenturen, Online-Marketing-Seiten, Blog und Journalisten seine Geschichten erzählen: Von der Klage gegen Google, seinen finanziellen Problemen in der Vergangenheit und der Zwangsversteigerung. Es dürfte schwer bis unmöglich werden, dies alles wieder aus dem digitalen Gedächtnis des Internets zu entfernen.
Google plant, gelöschte Links zu markieren
Mittels Hinweis am Seitenende der Suchergebnisse wird dann explizit darauf aufmerksam gemacht, dass Links nicht angezeigt werden, weil Persönlichkeitsrechte verletzt wurden. Desweiteren sickerte in den letzten Wochen durch, dass Google die Links die Persönlichkeitsrechte verletzen und von Google akzeptiert wurden, nicht löscht sondern nur in den europäischen Suchergebnissen nicht angezeigt werden – was wiederum im Gegenzug heisst, dass diese Suchergebnisse sehr wohl angezeigt werden, wenn man eine Google-Seite ausserhalb von Europa ansurft (z.B. Google.com).
Online Reputation Management und SEO als Alternative
Wer in ähnlichen Fällen solch eine öffentliche Aufmerksamkeit vermeiden möchte, der sollte sich überlegen, ob statt einer Klage nicht gezieltes Online Reputation Management sinnvoller (gewesen) wäre. Beim Online Reputation Management versucht man unter anderem, die negativen Suchergebnisse zur eigenen Person möglichst weit in die hinteren Suchergebnisse zu verbannen. Dies erreicht man durch neue und positive Web-Inhalte, die suchmaschinenoptimiert zur eigenen Person erstellt werden. Die alten Einträge im Index der Suchmaschine werden so nach und nach durch die neueren (positiven) verdrängt.
Vielleicht hätte der Spanier dieses Online Reputation Management auch verwenden sollen, denn die Zeit, Nerven und Geld den der Gerichtsprozess vor dem EuGH gekostet hat wären vermutlich besser angelegt gewesen, vorallem weil ein Online Reputation Management über verschiedene Blogs, Foren und Seiten sicherlich „leiser“ verlaufen wäre.